Früherkennung einer Legasthenie / Dyskalkulie

An einer Legasthenie sind alle Sinne beteiligt, wenn auch von Person zu Person mit unterschiedlicher Ausprägung. Das gilt vor allem für die Motorik, das Sehen und das Hören.

Daher kann das aufmerksame Beobachten der Entwicklung der Motorik eines Babies und Kleinkindes besonders frühe Hinweise auf eine Legasthenie geben.

Das folgende Bild zeigt einen Jungen im entspannten Zustand des Trinkens an der Mutterbrust, wenige Tage nach seiner Geburt..

Bei den meisten Ungeborenen bildet sich ab der 16.-24. Schwangerschaftswoche eine Asymmetrie aus (Dumont). Somit ist schon bei einem neu geborenen Baby eine Asymmetrie der Hände zu erwarten. Bei dem abgebildeten Baby stellte sich später eine Legasthenie heraus.

Die perfekte Symmetrie der Hände ist somit ein ganz früher Hinweis auf eine Legasthenie.

Symmetrien der Gliedmassen führen auch zu motorischen Koordinationsproblemen. Das zeigt sich auch beim Krabbeln. Ein solches Kind „hopst“ auf allen vieren und / oder schiebt sich rückwärts. Oder es überspringt die Krabbelphase.

Eine Vorwarnung einer Legasthenie kann auch sein, wenn ein Baby zu früh (5. – 6. Monat) unbedingt sitzen möchte und sich mit den Ärmchen am Gestänge des Kinderwagens immer wieder in Sitzstellung zieht. Polinski schreibt hierzu: „Alle Bewegungen, die das liegende Baby übt, wie Rollen, Robben, Wälzen, Recken, Stecken, mit Füssen spielen usw. sind aber dem sitzenden Kind nicht möglich“.

Es unterbleibt das notwendige Bewegungstraining.
Ein weiterer Hinweis auf eine mögliche Legasthenie ist, wenn ein Kind sich ungern auf ein Schaukelpferd setzt oder auf eine Schaukel.

Auch die Weigerung eines Kindes auf einem Roller zu fahren ist ein Alarmsignal.

Manchmal fährt ein Kind ohne Probleme auf einem Fahrrad mit Stützrädern.
Aber nach Abmontieren der Stützräder ist es erst wieder bereit  zu fahren, wenn es beim Fahren auf demselben Fahrrad mit den Schuhen den Boden berührt oder beim Fahren jederzeit berühren könnte.

Die aufgeführten Probleme kann man auch als Raumlage-Instabilität begreifen.

Dementsprechend haben Legastheniker manchmal auch Probleme beim Balanzieren auf einem Balken, beim Trippeln auf den Zehenspitzen, beim Schifahren, Reiten und beim (Brust)-Schwimmen. Andererseits sind sie hervorragende Taucher und können sich im Wasser anscheinend mühelos in jede Richtung bewegen.

Wenn Kinder mit einer Legasthenie-Veranlagung Personen malen, entstehen, in symmetrischer Vereinfachung, Menschen ohne Hände und Füsse.
Diese Kinder malen zunächst ungern mit Buntstiften.

Das geschieht überwiegend in der Kindergartenzeit, aber auch später noch. Bei anderen Kindern ist diese Phase ebenfalls zu beobachten, aber nur für kurze Zeit und meist auf die Kindergartenzeit beschränkt.

Es kann auch Probleme beim Auf- und Zuknöpfen von Kleidungsstücken geben oder beim Binden einer Schleife.

Die Probleme bei der Grob- und bei der Feinmotorik können sich unterscheiden.
Es müssen nicht gleichzeitig bei beiden deutliche Schwierigkeiten auftreten.

Viele Legastheniker lieben es schon früh mit technischen Geräten, vor allem elektrischen, zu spielen. Die Tendenz sie auseinander zunehmen ist oft ganz ausgeprägt. Es kann passieren, dass die Geräte auseinander geschnitten werden. Insbesondere elektrische Kabel werden gern abgeschnitten. Das kann bei Geräten, die unter Strom stehen, hoch gefährlich werden.

Spricht das Kind bereits, gibt es weitere Warnsignale.

So ist z.B. das Verwechseln von Farben, nach dem Identifizieren und dem Lernen der Farbbezeichnungen, im Alter von etwa 2½ Jahren, ein deutliches Warnsignal. Das Kind kann blau mit rot, gelb mit grün usw. verwechseln, ohne dass dem Kind die Verwechselung bewusst ist.

Das Kind kann auch beim Sprechen eine Bejahung mit einer Verneinung verwechseln. So wenn z.B. beim Kasperle-Theater gerufen wird „Wer sieht den Kasper nicht ?“ – und ein Kind, mit später erkannter legasthenischer Veranlagung, ruft – scheinbar irrtümlich – „ich“ – und meint das Gegenteil.

Auch die häufige Verwechselung von phonetisch ähnlich klingenden Wörtern kann ein Hinweis sein.

Literatur

  • Dumont, J.J.; Die Legasthenie. Theorie, Diagnostik und Behandlung. Europäischer Fachkongreß des Bundesverbandes Legasthenie, Aachen, 1990, Tagungshandbuch, S. 15–25
  • Polinski, Liesel; Spiel und Bewegung des Babys (im 1.Lebensjahr); Rowohlt Taschenbuch Verl., Reinbek b. Hamburg 1999, S.139

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